Prokhor Zakharov fühlte, wie das Blut aus
seinem Gesicht floß. Er sah an seinen Händen hinunter, die mit
jedem vergangenen Tag älter werden und studierte sie für einen
Moment.
Sie hatten die östliche Wand des fremden Tempels verloren.
"Ich bedauere, Prokhor." sagte Bortniansky, als sein besorgtes Gesicht über
den Quicklink kam. "Ich kann ihnen nicht helfen, aber ich denke ... wir
hätten ihn nicht entweihen sollen ..."
"Entweihen?" Zakharov fühlte, wie die Hitze und der Ärger das Blut
wieder in sein Gesicht zurücksteigen ließen.
"Nein, natürlich nicht in einem religiösen Sinn, Prokhor. Ich meinte
das Auseinanderschneiden ..."
"Wir waren vorsichtig." sagte Zakharov. "Aber nicht sorgfältig genug.
Die anderen wollen die Information aus der fremden Struktur offensichtlich
mehr als ich dachte, und sie haben sogar Ressourcen verbraucht, um sie zu
bekommen." Er atmete tief durch.
" Prokhor, ich habe einen Vorschlag. Wir können eine bessere
Abbildungsausrüstung einsetzen und damit fast perfekte Nachbildungen
erstellen, die wir dann in die Universität bringen können. Ich
weiß, daß Sie das originale Ding wollten, aber ..."
Zakharov unterbrach ihn. "Natürlich, natürlich. Sie bilden die
Synagoge ab und senden mir die Daten über sicheren Kanal mit sich
täglich ändernden Codes. Aber ich werde noch mehr tuen. Wir
müssen die Struktur schützen ". Er sah wieder auf seine Hände.
"Wir brauchen dabei alle Verbündeten. Wir müssen die Struktur
beschützen, im Zweifelsfall auch mit Gewalt."
"Ja, natürlich." sagte Bortniansky und fürchtete sich um das Schicksal
seines Tempels.
"Der Mann verrät uns wieder." Jellicos Augen brannten, als sie das
Datengewühl beobachtete, die auf ihrem Touchscreen erschien und sich
dann wieder auflöste. Wie andere Datentechniker surfte sie gerne im
Gewühl und zoomte in die kleinsten Details, sie mochte die lange
Beobachtung, die weit entfernte Beobachtung, wo Daten sich wie Wettermuster
bewegten und ein Gewühl, das wie ein Schmetterlingsflügel aussah,
zu einem Orkan wurde. "Er denkt, daß er uns führt."
"Es gibt Alternativen dazu, Jellico ". Ihr Partner stand hinter ihr. Sie
drehte sich zu ihm, um sein festes Gesicht zu sehen.
"Ja, es gibt sie." sagte sie. ", aber dadurch bekommen wir auch nicht mehr
Respekt. Und schau Dir das an ..." Sie zeigte auf einen verschlüsselten
Befehl aus der Zentrale. "Sie wollen, daß wir unseren Verstand riskieren,
unsere freien Neuronen, nur um an die Daten der Struktur zu kommen. Daten,
die mit dem Blut unseres Verstands gekauft wurden. Sie haben hier keinen
Respekt vor uns."
"Wir brauchen keinen Respekt." Antwortete er. "Wir brauchen Anonymität,
und die haben wir hier." "Nein!" Ihre Augen flammten ihm an. "Nicht so. Respekt
ist ein Erzeugnis, und es kann damit gehandelt werden. Man kann damit auch
den Eingang in verbotene Plätze kaufen."
"Aber sie werden uns ausfragen, Jellico " antwortete er. "Sobald sie uns
kennen, werden sie uns beobachten." Er beobachtete sie sorgfältig. "Was
sagst Du?"
"Wir sollten bekannt sein." sagte sie. "Wir sind stark genug."
Er schüttelte seinen Kopf. "Du liegst falsch." Ihre Augen blitzten ihn
böse an und er wich einen halben Schritt zurück. "Du liegst falsch.
Zieh den Untergrund zu Rate, wenn Du es nicht glaubst. Laß Sie die
Argumente hören. Aber ich muß gegen Dich sprechen ".
"Du forderst mich heraus?"
Er nickte. Jellico dachte für einen Moment nach. "Sehr gut. Aber wir
wissen, das der Untergrund die Argumente schon gehört hat. Es ist ein
verlinktes System." Sie starrte ihn an, bis er wegsah. "Sie sind nur als
Geist bekannt. Sie sind im Untergrund und verbreiten Ihre Überzeugungen."
Er schüttelte seinen Kopf. "Nicht wahr, Anführer. Nicht wahr..."
"Ich habe Dich verfolgt." Sie stand auf. "Ich kenne Dich. Aber Du kennst
mich nicht. Ich bin" sie pausierte und senkte ihre Stimme zu einem
Geflüster. "Ich bin Sinder Roze."
"Du! Du bist die Person, die immer für Unabhängigkeit predigt?"
"Ja, mein Freund. Und jetzt wählen wir." Sie linkte sich in den Untergrund,
die geheime Cyberwelt, die in den Räumen zwischen dem neuen Datalinks
existiert. Und dort stellte sie eine Frage. Unabhängigkeit?
Als sie und ihr Partner warteten, bildete sich mit hoher Geschwindigkeit
ein Balken. Die Datenwolken, tausende von Identitäten wirbelten und
sammelten sich mal um die eine Achse, mal um die Andere. Ja, Nein, Meinungen
bildeten sich und verschwanden wieder, bis sie sich zu einer einzigen Wolke
mit einer einzigen Antwort vereinigten.
Unabhängigkeit. Sinder wandte sich ihrem Partner zu.
"Geist, du hast versucht, mich zu verraten, aber der Untergrund hat gesprochen.
Wir werden bekannt sein. Und Du wirst uns verlassen."
Er runzelte die Stirn und starrte auf die Datenwolke. Dann sah er sie an.
"Und Du?"
Sie lächelte. "Ich nehme an, daß ich für immer Sinder Roze
bin."
Reanna erwachte schweißgebadet, so anders als der ruhige Frieden, der
sie überkommen hatte, seit die Erschütterung begann. Sie keuchte
und berührte ihre Ohren ... um sie herum konnte sie die Wiederholung
eines Geräusches, eines Murmelns hören, das an den Wänden
aus der Tiefe nach oben kroch. Sie hörte ein Geräusch, wie das
Schnattern von hunderten von fremden Stimmen, die in einer Sprache, die sich
wie das Echo der entfernten Sterne anhörte, sprachen.
Sie drückte ihre Ohren fester, und das Geräusch schien zu verblassen,
aber nur ein bischen. Und jetzt schien es ihr wie etwas ... angenehmes.
Sie stand auf und ging barfuß zur Gemeindehalle. Sie drehte ihren Kopf
langsam und mit jeder Drehung änderte sich das Geräusch wie das
leichte Glitzern der Facetten eines Juwels. Sie drehte sich um ... dort,
ein junger Techniker sah sie an, aber sein Gesicht sah besorgt aus. Seine
Lippen bewegten sich, aber seine Stimme schien so weit weg, verloren im Refrain
der Geräusche um sie herum.
Sie ging in seine Richtung. Sie fühlte sich, als ob sie schwimmen
würde. Der Chor um sie herum erhob sich.
Die Lippen des jungen Mannes bewegten sich wieder, aber sie konnte ihn nicht
hören. Sie sah sein Gesicht jetzt ganz nah, sie sah, wie sich an seinem
Haaransatz Schweißperlen bildeten. Er schien ängstlich.
Sie lächelte ihn an und reichte ihm die Hand. Sie fühlte, wie er
nach ihr griff, fühlte, wie er sie schlug. Sie versuchte zu schreien,
und der Chor verwandelte sich in ein Kreischen, das fast ihren Kopf zerplatzen
ließ. Sie versuchte wieder zu schreien, und dann überwältigte
sie die Dunkelheit. |