Rückkehr nach Centauri: 4. Kapitel
 
Bortniansky stand da und beobachtete, wie seine Techniker die Oberfläche der östlichen Wand des fremden Tempels von der Struktur trennten. Große Schneider, die noch aus der Ausrüstung der Unity stammten, machten kurzen Prozeß mit dem fremden Material des Tempels, das dadurch nur Bruchteile von Millimetern bei dem Schnitt verlor.

Aber Bruchteile waren wichtig. Sie waren wichtig!

"Treten Sie zurück, Akademiemitglied" befahl ihm ein anmaßender junger Leutnant als die Oberfläche der Wand zu kippen begann. Große Kräne stabilisierten den Abschnitt.

"Wenn es fällt, laß es mich ruhig treffen." murmelte Bortniansky. "Ich kann das nicht ertragen."

Langsam und sorgfältig hoben die Kräne den riesigen Wandabschnitt hoch und setzten ihn etwas weiter auf seine Kante, um ihn dann auf eine Plastikpalette, die aussah wie Bienenwaben, zu senken. Als sie das Stück herunterließen krachte es gewaltig und das Echo wurde prächtig von den Hallenwänden zurückgeworfen.

Der junge Leutnant starrte auf Gesicht an der Wand, das sich jetzt ergab.

"Keine Bewegung! " flüsterte Bortniansky.

"Herr." stammelte der jungen Leutnant. "Wir haben das überprüft. Ich fürchte, unsere Ausrüstung war nicht gut genug."

Bortniansky ignorierte ihn und ging vorwärts in Richtung der neu entstandenen Oberfläche. Das Gesicht dieser Wand war eine Studie von Konturen voll mit winzigen Gruben, geführten Höhlungen und immer fremderen kleinen Wellen und Kurven. Diese Muster erstreckten sich hinauf und hinunter, zur Decke und weg zu beiden Seiten, einer Geschichte im Inneren der Wände.

"Dies ist ein Fehler." quakte Bortniansky. Er schaute zur Hauptwand, wo zwei Techniker aufgehört hatten zu arbeiten und ihre Werkzeuge in ihren Händen hielten. "Beenden Sie die Arbeit hier. Wir werden keine weiteren Wände mehr anschneiden. Der Rest wird abgebildet und per Datalink übertragen."

"Und was passiert damit?" fragte ein junger Techniker und stieß die Tafel auf dem Boden mit seinem Fuß an. "Zakharov will es haben."

"Diese werden wir ihm schicken."

Der Leutnant nickte. "Ich werde sie auf einen Transporter laden lassen."

"Nein." sagte Bortniansky. "Wir werden sie nicht über Land versenden. Der Landtransport ist ein Köder."

"Wie dann?"

Bortniansky starrte die Tafel auf dem Boden an. "Die wird übers Meer abgehen."

Der Wind in der Kammer strich über die frisch freigelegten Oberflächen und begann zu singen.

Kapitän Ulrik Svensgaard stand an einem ruhigen Strand und beobachtete den Schimmer von Metall auf dem Wasser. Er blinzelte, strich über seinen langen, blonden Pferdeschwanz, spuckte einen salzigen Brocken auf den groben, roten Sand und schaute wieder durch sein Fernglas.

"Drei Schiffe. Ich wußte gar nicht, daß Zakharov drei Schiffe besitzt."

"Das sind keine Schiffe." gab sein drahtiger Kamerad zurück. "Eins ist ein Pott, das Andere nicht besser als ein schwimmender Kasten. Das Dritte ... die Leute dort panzern es gerade. Es könnte ziemliche Feuerkraft haben."

"Wirklich?" Er wölbte eine Braue. "Wir sind alle viel zu sehr damit beschäftigt, seit der Planetenlandung unser Überleben zu sichern, und Sie denken, die monieren schon eine Kanone auf ihre Schiffe? Noch nicht einmal Morgan weiß etwas von unserem kleinen Experiment."

"Ja, Morgan würde es nicht billigen." Sein Kamerad verengte ihre meeresgrünen Augen und sah sich wieder das Schiff an. Die zwei blieben für einige Momente still stehen und nur das Pfeifen der Meereswinde umgab sie.

"Sie kommen vom Tempel." sagte sie schließlich. "Aber warum übers Meer?"

"Sie haben Angst, weil sie sich so nah an Miriams Gebiet befinden." gab Ulrik zurück. "Aber vielleicht können wir ihnen einen neuen Grund geben, sich ängstlich zu fühlen."

"Der Meinung bin ich nicht" sie sagte rundheraus. "Es ist zu früh."

Er ignorierte sie und winkte einer Gruppe von Männern und Frauen die an einer steinernen Ausbuchtung wenige hundert Meter entfernt standen. Mehrere von ihnen sahen auf. "Sie scheinen bereit zu sein. Keiner von uns ist hier um Zeit zu vergeuden."

"Zu früh aufzufallen wäre eine Katastrophe." Sagte sie böse.

"Sie sind eine leichte Beute." sagte Ulrik. "Aber ich werde dir eines garantieren ... wir warten bis zum Einbruch der Dunkelheit. In der Dunkelheit und im Einfluß der Erschütterung werden sie gar nicht wissen, wer sie getroffen hat."

"Ich mag diese Nachtreisen nicht." murmelte Hefferan, der sich gerade an den Plastikzaun des Begleitschiffes gelehnt hatte. "Wenigstens wußten wir auf Erde was die Dunkelheit brachte."

"Ja. Den schnellen Tod, Partisanenangriffe, verstümmelte Opfer von biologischen Angriffen. Oder haben Sie vergessen ..." Snowfire stockte und seine Augen wurden enger. "Was war das?"

"Was?" Hefferan streckte seinen Hals aus um in eine beinahe undurchdringliche Dunkelheit hinauszustarren. Snowfire machte ein mürrisches Gesicht und nahm ein Fernglas von seinem lose gebundenen Gürtel. Er schaute durch die einzelne Linse und drehte an den Kontrollen herum. Mehrere bewaffnete Soldaten/Techniker kamen auf ihn zu.

"Nichts." Das Wort flutete über die Dunkelheit von Meer und Himmel.

"Es gibt keine Unze Mondlicht durch die Erschütterung." sagte Hefferan, ein älterer Wissenschaftler, der als Experte in der Treffsicherheit galt. "Pech, daß beide Sonnen gerade weit entfernt sind."

"Dort." sagte Snowfire und drehte dann sein Fernglas um. "Irgend etwas ... sieht der Navigator irgend etwas in seinem Fernglas?"

"Er hätte etwas gesagt." beantwortete Hefferan. "Es gibt einheimische Lebensformen im Fungus. Ob Eine hier draußen ist?" Der ältere Mann sah nach unten in die Schwärze um das Schiff herum. "Etwas lebendiges muß dort unten sein."

"Es ist zu dunkel." sagte Snowfire. "Lassen Sie uns nicht so darauf warten." Er ging unter Deck und tauchte einige Momente später mit einer Leuchtfeuerwaffe wieder auf. Er hielt sie sehr tief auf den Horizont zu und schoß.

Ein weißer Bolzen aus reiner Energie schoß aus der Waffe, flog tief gegen den Horizont und versandte glänzenden Lichtspuren in das gesamte Meer. Die Kugel flog lang und weit, verblaßt dann unten fiel ins Meer. Einige Momente lang war völlige Stille.

Plötzlich sahen sie einen Schuß mit einem hellen gelbem Lichtschein in der Dunkelheit auf dem Meer, genau vor ihnen. Snowfire beobachtete es und bedeckte dann sein Gesicht, weil das Licht immer heller wurde.

"Das ist kein Leuchtfeuer! Schnell in den Hafen!" befahl er.

Das Schiff begann sich in die Wellen zu drehen, die Maschinen heulten auf und jagten das Schiff gegen die Wellen, vorwärtsgetrieben durch die Kraft der Maschinen. Das gelbe Feuer hatte sich zu einer riesigen Lichtsphäre ausgedehnt, die das gesamte Schiff umgab, so daß sich Hefferan von der Hitze wegdrehen mußte. Er ging über das Schiff und dann gab es ein Zischen, als ob das Meer kochte und der entstehende Dampf zu den Wolken aufstieg.

"Was war das "? schrie Hefferan. Zwei weitere Leuchtfeuer schlugen in den Nachthimmel und bewegten sich in ihre Richtung.

"Alle Maschinen Stop! Bleiben Sie ruhig!" schrie Snowfire. "Sie werden uns verfehlen."

Aber drei weitere Abschüsse erklangen am Horizont, so daß jetzt fünf gelbe Feuerbälle den Himmel überquerten.

"Wir müssen das Frachtschiff schützen." zischte Hefferan, der hilflos und ohne zu schießen sein Gewehr hielt, weil er den Feind nicht sehen konnte.

"Sie schießen nicht auf das Frachtschiff. Sie wissen, was es geladen hat. Ganz sicher." Snowfire kontaktierte den Kapitän des Frachtschiffes um ihm per Quicklink folgenden Befehl zu geben: "Frachter, Bewegen Sie ihr Schiff näher zu unserem. Wir müssen uns im Bund bewegen."

"Zu riskant!" kam die hohe Stimme des Kapitäns des Frachtschiffs zurück. "Sie versuchen, Sie zu töten."

"Aber nicht Sie. Wenn wir uns enger aneinander bewegen, wird es für uns beide besser sein."

Das Meer schäumte und um sie herum, als das gelbe Feuer um sie herum herunterregnete. Dampf kam über Snowfires Gesicht und verbrühte ihn.

"Ich habe eine andere Meinung!" trällerte der andere Kapitän. "Sie lenken sie ab und wir flüchten! Wir müssen die fremden Artefakte zu schützen!"

"Wenn Sie flüchten sind Sie eine leichte Beute!" schrie Snowfire, dann brach die Verbindung ab. Er schrie zu seinem eigenen Steuermann. "Bewegen Sie sich nahe an das Frachtschiff. Ich will fähig sein in das Auge ihres Kapitäns zu spucken. Bleiben Sie in der Nähe. Lassen Sie sie nicht flüchten."

Das Schiff erschien voraus. Die Geschosse nährten sich vom Abstand her und wechselten jetzt ihre Farben zu blau und weiß, sie waren jetzt kleiner, aber füllten den Himmel weiter mit ihrer Hitze und Energie. Dann, als die Schiffe sich zu einem Verbund zusammenschlossen, stoppte das Feuer.

Snowfire und seine Mannschaft warteten auf den unsichtbaren Feind, der sich näherte.